KRITIS

Projektbeschreibung

Die Vulnerabilität von kritischer Infrastruktur, insbesondere die der Straßeninfrastruktur, steht zunehmend im Fokus der Infrastrukturforschung. Naturgefahren wie Erdbeben und Überflutungen gefährden die Straßeninfrastruktur und damit die Gesellschaft. Im Fall einer Naturkatastrophe muss die Funktionalität der Straßeninfrastuktur daher schnell analysiert und wiederhergestellt werden.

 

Das KRITIS Projekt des IPF adressiert diese Thematik. In diesem Projekt wird ein generisches Konzept zur Analyse der Vulnerabilität von Straßeninfrastruktur auf mehreren Maßstabsebenen entwickelt. Das Konzept ist modular aufgebaut und untersucht zunächst die Erreichbarkeit von Notfalleinrichtungen anhand der Berechnung eines Erreichbarkeitsindexes. Weitere Indexe wie beispielsweise der Accessibility and Remoteness Index of Australia (Taylor & Susilawati 2012) können berechnet werden. Zusätzliche Module ermöglichen die Modellierung der Indexe für jede Zelle eines Gitters über einer Region und die Analyse der Auswirkungen eines degradierten Netzwerkes. Das generische Konzept wird beispielhaft für zwei Waldbrandszenarien in Chile und in Portugal angewendet.

 

Abbildung 1: Emergency Facility Accessibility Index (EFAI) in den BioBio und Maule Regionen in Chile vor und nach den 2017 Waldbränden in Chile (Guth et al. 2019).

 

 

Als weltweit schnell verfügbare Datenquelle wird OpenStreetMap (OSM) genutzt. OSM ist eine Karte der Welt, welche von Freiwilligen weltweit erstellt und ständig überarbeitet wird. Die Herausforderung dabei ist, dass das die Qualität des Straßennetzwerks in OSM stark variiert und häufig Informationen (z.B. Geschwindigkeitsinformationen) fehlen, welche u.a. für die Routenplanung benötigt werden. Darüber hinaus finden sich auch Fehler in beispielsweise der Straßenklasse. Eine fehlerhafte Klassenzuordnung kann zu irrtümlichen Annahmen über die Passierbarkeit einer Straße führen.

 

Im Rahmen des KRITIS Projektes werden Methoden entwickelt, welche die Routenplanung mit OSM verbessern. Diese Methoden sind als Module vor das generische Konzept zur Analyse der Vulnerabilität von Straßeninfrastuktur geschaltet. Einerseits wird ein Modul erarbeitet, welches anhand von vorhandenen Informationen in OSM wie z.B. Straßenklasse, Oberfläche, Kurvigkeit und Länge von Straßen die Durchschnittsgeschwindigkeit schätzt. Diese wird basierend auf einem Fuzzy-Control-System geschätzt und beispielhaft auf zwei Regionen in Chile und Australien angewandt. Weiterhin wird ein Modul zur Fehlererkennung von falsch klassifizierten Straßen implementiert. Mit diesem Modul wird in hierarchischen Subnetzwerken des Straßennetzwerks nach Lücken gesucht, welche auf Fehler hindeuten können. Anhand von Umwegen wird auf die Fehlerwahrscheinlichkeit rückgeschlossen. Somit können Fehler, die bei der Routenplanung große Umwege erzeugen würden, schnell entdeckt werden.

 

 

Abbildung 2: Unterschiede zwischen berechneter Durchschnittsgeschwindigkeit und Referenzgeschwindigkeit in den BioBio und Maule Regionen in Chile und im Norden von New South Wales in Australien (Guth et al. 2020).

 

Innerhalb des KRITIS Projektes sind die folgenden Ziele erreicht:

  • Entwicklung und Implementierung eines generischen Konzepts zur Analyse der Straßeninfrastruktur auf mehreren Maßstabsebenen (Guth et al. 2019);
  • Entwicklung und Implementierung von Erreichbarkeitsindizes (z.B. EFAI, ARIA) innerhalb des generischen Konzepts (Braun et al. 2018, Guth et al. 2019);
  • Analyse eines Evakuierungsprozesses in Chile als Kombination aus sozialwissenschaftlichen und GIS-Methoden (Kubisch et al. 2019, Kubisch et al. 2020);
  • Entwicklung und Implementierung eines Fuzzy Kontroll Systems zur Abschätzung der Durchschnittsgeschwindigkeit auf Straßen anhand von OSM (Stötzer et al. 2019, Guth et al. 2020);
  • Entwicklung und Implementierung eines Ansatzes zur Fehlererkennung von falsch klassifizierten Straßen in OSM.

 

Das generische Konzept kann angewendet werden, um nach einer Naturkatastrophe die besonders betroffenen Abschnitte des Straßennetzwerks schnell zu identifizieren und deren Funktionalität wiederherzustellen. Durch den Einsatz von OSM-Daten ist dies unabhängig von lokalen Datenverfügbarkeiten der betroffenen Länder möglich. Die im KRITIS Projekt entwickelte Software ist auf GitHub unter einer Creative Commons Liszenz veröffentlicht.

 

Johanna Guth (ehem. Stötzer) promoviert im Rahmen des KRITIS Projekts.

 

Publikationen


2019
2017